„Mitarbeiter über 50+ haben heute schon so viel erlebt, wie früher die Menschen in Jahrhunderten." - Markus Tomaschitz, HR-Chef und Sprecher des Vorstands der AVL

„Mitarbeiter über 50+ haben heute schon so viel erlebt, wie früher die Menschen in Jahrhunderten.“ – Markus Tomaschitz, HR-Chef und Sprecher des Vorstands der AVL

Für mein Buch über die Arbeitswelt 50+ durfte ich eine Reihe von besonderen Persönlichkeiten interviewen, aber auch Menschen, die diese Welt besonders gut kennen, da sie selber davon betroffen sind.

Heute zu Gast ist:

HR-Chef und Sprecher des Vorstands der AVL, Markus Tomaschitz

„In Österreich gehen jedes Jahr 50.000 mehr Menschen in Pension, als neu in den Arbeitsprozess nachrücken.  In Deutschland x 10!“

Oder:

„Unternehmen sind gut beraten in Infrastruktur der Mitarbeiter:innen zu investieren.“

Wenn sie noch mehr interessante Überlegungen von Herrn Tomaschitz hören wollen, so freuen Sie sich auf die nächsten 35 min.

Dauer: 00:35:55

Veröffentlicht am: 11.10.2023

 

Transkript

Markus Tomaschitz:
Wir haben im Schnitt zehn Tage im Jahr für jeden Mitarbeiter. Das sind zwei Wochen nur Aus- und Weiterbildung im Schnitt. Das ist doch eine ganze Menge und das wird auch von den Leuten eingefordert.

Richard:
Für

Richard:
Mein Buch über die Arbeitswelt 50 plus durfte ich eine Reihe von besonderen Persönlichkeiten interviewen. Herzlich willkommen, Herr Dr. Trommerschitz und vielen Dank, dass wir dieses Interview führen

Markus Tomaschitz:
Dürfen. Sehr gerne, Herr Kaan.

Richard:
Würden Sie uns bitte kurz erzählen, in welcher Firma Sie arbeiten und in welchen Funktionen?

Markus Tomaschitz:
Gerne. Also ich bin der Chief Human Resource Officer der AVL List, ein Unternehmer mit insgesamt 12.000 Mitarbeitern und rund zwei Milliarden Umsatz. Wir sind in insgesamt 27 Ländern der Welt aktiv, haben nahezu 100 Legal Entities, also verschiedene Rechtseinheiten und sind im Wesentlichen in drei Geschäftsfeldern zu Hause. Einerseits in der Prüfstandstechnologie, also klassische Messtechnik, so sind wir Anlangbauer, im Bereich des Engineering, also dort, wo es um Ingenieursleistung geht, Dinge besser zu machen oder zu verbessern und im klassischen Bereich der Simulation, weil wir im Prinzip versuchen, alle Prozesse, die es analogue gibt, zu digitalisieren und für den Kunden sozusagen aufzubereiten.

Richard:
Aber das ist ja nicht der einzige Job, den Sie haben.

Markus Tomaschitz:
Nein, ich bin auch noch Unternehmenssprecher für den Gesamtkonzern des AVL.

Richard:
Klingt so, als ob Sie… …als ob Sie viel zu tun hätten.

Markus Tomaschitz:
Ja, es wird mir nicht fadern.

Richard:
Können Sie uns vielleicht ein oder das Highlight Ihrer beruflichen Laufbahn nennen?

Markus Tomaschitz:
Also das war ohne Zweifel relativ am Beginn, sozusagen diese große Kehrtwende des gesamten Unternehmens, das ja doch den Verbrennungsmotor im Namen hat, sozusagen in neue Geschäftsbereiche und Zweige hineinzugehen. Sei es die Elektromobilität oder auch E-Fuels und Wasserstoff. Entspannende Thematiken. Sei es die Digitalisierung. Das Auto wird doch jetzt in Zukunft um den Monitor herum gebaut werden. Es zeigt sich, dass bei unseren Kunden das Thema Rechenleistung ist wichtiger als Pferdestärken. Da tut sich natürlich einiges. Und auch nicht zu vergessen, der gesamte Bereich, auch der Sicherheit, der Security des Autos. Denn je mehr digital, je mehr Elektronik, umso mehr wird auch das Thema Sicherheit an Bedeutung gewinnen. Das

Richard:
Betrifft jetzt den Konzern. Aber Sie selber und Ihr persönliches Highlight?

Markus Tomaschitz:
Also mein persönliches Highlight? Mein persönliches Highlight war, ich sage mal, für mich persönlich die Möglichkeit zu bekommen, in einem global agierenden Unternehmen eine Organisation neu aufzuziehen und aufzusetzen, die den Anforderungen der Zukunft genügt. Das war unheimlich spannend, weil Sie nehmen ja doch verschiedene Themen wahr, setzen das auf, machen das und setzen das in der Abfällung. Wenn Sie mich in meinem Leben über mein Highlight fragen, muss ich sagen, es war ganz zu Beginn meiner Karriere hatte ich die Chance, im Silicon Valley zu arbeiten, bei Oracle und habe das sehr beeindruckt damals zur Kenntnis genommen, wie, wie soll man sagen, relativ frei und relativ, ja, wie soll ich das sagen, also einen sehr spielerischen Zugang auch zu Arbeitsprozessen, zur Arbeit insgesamt gibt. Das habe ich dann auch versucht mitzunehmen. Ich war eine Zeit lang auch Rektor, also kaufmännischer Geschäftsführer der FHJ Neum, was auch eine spannende Aufgabe war, weil ich habe von dort damals mitgenommen, dass Vertrauen die wahrscheinlich wichtigste Währung im Unternehmen ist.

Richard:
Kurzer Abschweifer, in meinen Vorträgen, wenn es um Leadership etc. geht, verwende ich im Prinzip genau das. Ich würde sagen, Vertrauen ist halt die Währung bei der Führung. Absolut.

Markus Tomaschitz:
Und es ist auch deutlich günstiger, wenn Sie vertrauen, weil Sie ersparen sich teure Kontrollsysteme.

Richard:
Die Sie wahrscheinlich jetzt bald nicht mehr haben können, Stichwort Homeoffice etc. Richtig. Sie können immer weniger vertrauen. Wir schweifen ab. Fragen zum Personal. Ja. Wird es in der AVL in näherer Zukunft maßgebliche Änderungen des Personalschweifens, Standes geben? Oder sind die schon hinter Ihnen?

Markus Tomaschitz:
Nein. Also maßgebliche Veränderungen wird es nicht geben. Die hatten wir auch in der Vergangenheit. Das muss ich wirklich sagen. Wir wachsen eigentlich relativ stetig zwischen drei und fünf Prozent pro Jahr. Selbst in den Krisenjahren 2008, 2009 Finanzkrise, selbst jetzt in der Corona-Phase haben wir eigentlich, da haben wir jetzt vielleicht gleich viele Mitarbeiter gehabt, aber wir haben im Prinzip mehr oder weniger grosso modo immer die gleiche Anzahl von Mitarbeitern. Und wachsen stetig zwischen drei und fünf Prozent.

Richard:
Wenn Sie wachsen, dann werden Sie auch Personal zusätzlich aufnehmen müssen. Gibt es Ihrer Meinung nach einen Mitarbeiterinnen-Mangel? Ja,

Markus Tomaschitz:
Absolut. Also mittlerweile geht es ja nicht mehr nur um einen Mangel an Facharbeitern, es geht um einen Mangel an Menschen insgesamt. Sie haben vollkommen recht. Warum?

Richard:
Worin liegt der?

Markus Tomaschitz:
Ja, aus meiner Sicht gibt es da viele Gründe. Das eine ist natürlich die demografische Entwicklung, die Babyboomer, die in Pension gehen. Und natürlich kommt jetzt von der Gen Z oder Y weniger. Danach, wir haben in Österreich etwa 50.000 mehr Menschen, die in den nächsten Jahren bis 2033 in Pension gehen, als aus den Bildungssystemen herausgekommen. Dann entsteht ein Gap. Und dieser Gap ist jedes Jahr 50.000. Übrigens in Deutschland ist ja genau den Faktor 10. Dort gehen 500.000 Menschen mehr in Pension bzw. in Rente, als unten aus den Bildungssystemen nachkommen. Und wir

Richard:
Tun so, als ob das Gott gegeben über uns geschwappt wäre. Das war doch absolut. Absolut. Absolut. Also

Markus Tomaschitz:
Die Bevölkerungspyramiden kennen wir alle, wobei vielleicht die Form ist hier vielleicht auch etwas, weil es ist keine Pyramide, es schaut aus wie eine Urne.

Richard:
Ja, schaut aus wie eine Urne.

Markus Tomaschitz:
Schaut aus wie eine Urne. Also die Bevölkerungsurne ist bekannt gewesen, aber wie es oft so ist in der Menschheit, erst wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, fangen wir an zu reagieren, egal wo es ist. Und auch in diesem Falle hat man so reagiert. Also demografische Entwicklung. Das zweite ist, dass wir eine immer weitergehende Schere zwischen Beteiligung, Darf und Akzeptanz an Ausbildungssystemen in Österreich haben. Das heißt, das, was junge Leute machen wollen, Schule oder Studium, ist nicht, oder Lehre, ist nicht notwendigerweise das, was Unternehmen brauchen. Das beginnt schon mal damit, dass wir in Österreich glauben, wir wären ein Tourismusland. Das sind wir natürlich nicht. Wir sind ein Industrieland. Und ein Industrieland braucht per se Maschinenbauer, Elektrotechniker, Mechatroniker und in zunehmendem Maße, weil es ist ja verzahnt, ITler, Software- und Hardware-Experten.

Richard:
Und nicht überall nur Akademiker. Sondern auch quasi dann Handwerker in diesem Feld.

Markus Tomaschitz:
Sie sprechen mir aus der Seele. Ich glaube, dass wir lange Zeit einem völligen Irrtum aufgelegt, gelegen sind, nämlich zu sagen, oh, da gibt es OECD-Studien, Österreich hat weniger Akademiker. Ja, warum? Weil wir ein funktionierendes, berufsbildendes, höheres Schulwesen hatten.

Richard:
Das woanders als akademischer Grad gezählt wird, wie uns halt

Markus Tomaschitz:
Nicht. Genau. Und das hat man aber nicht verstanden. Und heute geht man so weit, dass man am Anfang, und ich meine das nicht despektierlich, Kindergärtner, Kindergärtner, Krankenpfleger, jeder, der nicht gerade stehen kann, irgendwie zu einem Studium verführt, was man ja machen kann. Aber bei uns sind die Zugänge anders. Der Österreicher kommt aus dieser monarchiellen Idee heraus, wenn er, nehmen wir mal an, Sie sind in Finnland Tischler und Sie wollen ein Studium berufsbegleitend machen, dann sind Sie akademischer Tischler. Bei uns ist er dann Akademiker. Und dann ist die Frage, was tut er dann jetzt? Also, aber nochmal zurückzukommen, also wir haben versucht, alles, was irgendwie funktioniert, zu akademisieren. Aber wir haben es falsch akademisiert. Wir haben in Österreich derzeit rund 3.000 Studenten im Architekturbereich, wo wir in die hingehen. Wir haben 4.000 Kommunikationswissenschaftler, querbeet durch alle Bundesländer in den Universitäten. Aber wir haben zum Beispiel in Graz nur mehr 50 Studierende die Elektrotechnik begonnen und vor zehn Jahren waren es 500.

Markus Tomaschitz:
Wir haben ein massives Problem im Bereich der Technik und im Bereich der MINT-Fächer. Man macht sich keine Gedanken, was das heißt. Drittes Thema. Drittes Thema. Drittes Thema. Größtes Thema. Wir haben ja die Alzheimergrown who want to be. Ach so. Ros стали noch, dort Såll man ja schon embarrassiert sein. Das ist ja nichts bei den Hinterurkaiecken. Sondern so im Bereich

Richard:
Mathematik und so tentar man sich auszuwerten.谢谢, danke

Markus Tomaschitz:
Saßt. Sehr gern. Aber nicht viel. Und der letzte Aspekt, der jetzt vor allem in und mit Corona zusammenhängt, oder in den Corona-Zeiten begonnen hat, die Tendenz zur Arbeitszeitreduktion. Das heißt, ich arbeite nicht mehr 40 Stunden oder 38 und ein halb, Entschuldigung, oder wie viel auch immer, sondern ich sage 30 Stunden. Und mache halt weniger, komme mit weniger aus, weil Work-Life-Balance.

Richard:
Darf ich darauf ein bisschen später kommen? New Work ist ein eigenes Kapitel, wo ich dann noch einmal fragen darf. Ich stelle die Frage, Senioritätsprinzip, wenn Sie sagen, österreichische Verhältnisse. Sie kennen das Senioritätsprinzip, was halten Sie davon?

Markus Tomaschitz:
Naja, persönlich halte ich natürlich relativ wenig davon, obwohl ich selber in den Genuss der Seniorität komme. Aber natürlich war es lange Zeit so, dass wir Beschäftigungsgruppen, Kollektivverträge, je älter du wirst, umso mehr Geld verdienst du zu machen. Und das haben wir teilweise sogar progressiv. Also wir haben sogar eine, wenn man so will, eine leichte Lebtodik-Kurve nach oben im Aachen-Bereich.

Richard:
Da gäbe es zum Beispiel bei uns ungefähr 60, 50 bis 60 Prozent, in Skandinavien 20 bis 30 Prozent.

Markus Tomaschitz:
Ja, dort steigst du auch höher ein, hast aber dann flachere Wachstumsraten und das macht aus meiner Sicht auch Sinn.

Richard:
Vor allem, wenn 30- bis 40-Jährige in der Rush-Hour ihres Lebens dann plötzlich viel Geld brauchen, die haben es nicht mit der Versprechung, es später zu kriegen, wo sie es eigentlich nicht mehr brauchen.

Markus Tomaschitz:
Freuen sich die Banken und wir wundern uns bei den neuen Finanzierungssystemen, dass dann keiner mehr Haus bauen kann oder Eigentumswohnung.

Richard:
Geht sich nicht aus. So, das heißt also, dass Beschäftigte über 50 einfach Kraft dieser Regelung teuer sind. Richtig. Sind diese Menschen vielleicht ab und zu zu teuer für Unternehmen?

Markus Tomaschitz:
Also in unserem Bereich kann ich das verneinen. Zu teuer, nein.

Richard:
Allerdings sehr viele Akademiker bei Ihnen und die weit über Kollektiv bezahlt werden.

Markus Tomaschitz:
Weit über Kollektiv, immer deutliche Überzahlungen, würde im Schnitt sogar sagen. Da haben wir Überzahlungen von sicherlich 50, 60 Prozent über dem, was normalerweise die jeweilige Beschäftigungsgruppe hergibt. Aber, ich sage mal so, Personen, die ein gewisses Alter erreicht haben, mögen vielleicht nicht mehr die Schnellsten sein, aber sie kennen die Abkürzungen. Und das heißt, man kann im Bereich der Produktivität, des richtigen Einordnens von Dingen, wo setze ich Prioritäten, was ist wichtig, was habe ich schon gesehen und wie nutze ich das wieder neu rüber. Also ich würde nicht notwendigerweise sagen, zu teuer. Aber, auf jeden Fall. Würden wir, gesetzt der Situation, wir kommen wieder in eine Arbeitsmarktlage, wie wir sie vor Corona kannten, natürlich würden wir da Flexibilitäten schaffen, würden wir das Senioritätsprinzip weniger streng auslegen. Wie würden wir es eigentlich nach wie vor tun?

Richard:
Da gibt es ja gleich einen Ansatz zu sagen, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vielleicht im fortgeschrittenen Alter in die zweite oder dritte Reihe zurücktreten. Sagen, ich will keine Verantwortung mehr und würde das gerne tun. Was bei uns, ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber in Österreich eher unangenehm. Das wäre natürlich unüblich.

Markus Tomaschitz:
Absolut, wäre aber natürlich perfekt, genauso wie Führung auf Zeit. Ich bin nicht permanent in der Leitung der Abteilung, aber ein paar Jahre, gehe dann runter, dann mache ich etwas anderes. Warum passiert das

Richard:
Bei uns nicht?

Markus Tomaschitz:
Ich glaube, dass das noch immer, wie soll man sagen, dieses Versprechen aus der Historie heraus ist, ich bin das jetzt mal, bin in der Position, bin vielleicht sogar dann defensiv, damit ich in der Position bleibe, weil weit darauf geht es dann irgendwann einmal nicht mehr. Und versuche das halt bis zur Pension zu machen oder zu mit einem attraktiven Kurs. Und gehe heute in die Saison ja vollkommen richtig, je mehr, desto höher. Stattdessen, gerade dann könnte man eigentlich beginnen, ich sage einmal 55, 58 und darüber, sich wirklich Gedanken zu machen über flexible Modelle, die auch einmal einen Ausstieg, eine laterale Möglichkeit ergibt, um dann wieder reinzukommen. Und man muss ja auch dazu sagen, viele Personen in diesem Alter sind ja aus dem Gröbsten finanziell draußen. Ich glaube,

Richard:
Der Großteil,

Markus Tomaschitz:
Glaube ich. Die Leute haben das Haus verlassen, etc. Es gibt jetzt, außer Häuser sind dann abbezahlt, etc. Also natürlich könnte man jetzt sagen, gut, wunderbar, man spart das jetzt an, um dann eine schöne Pension zu haben. Für die Enkel. Für die Enkel, auch das ist möglich. Aber volkswirtschaftlich gesehen macht dieses System relativ wenig Sinn und auch unternehmerisch auf der Mikroebene, auf der mikroökonomischen Ebene ebenso.

Richard:
Nehmen wir jetzt die Beschäftigten 50 plus wieder her. Wie wichtig sind in Ihrer Firma Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über 50?

Markus Tomaschitz:
Na enorm, weil diese, gerade wenn sie im Engineering sind, in der Technologie sind, müssen sie Gesamtzusammenhänge verstehen und das braucht ein gewisses oder gerüttelt Maß an Erfahrung. Aber spannend wird es erst in Unternehmen, wenn sie den Mix haben. Sie haben Junge mit ihren ganz eigenen Qualifikationen, die heißen halt umsonst Digital Natives. Sie haben jene, die sozusagen, man darf eines nicht vergessen, eine Generation der 60 plus, eine Generation, die in einem Leben das erlebt hat, wofür. Für andere Generationen, das 20-fache an Zeit gebraucht hat. Wir haben in einer Generation das erlebt, was 20 Generationen erlebt haben. Wir haben eine technologische Revolution erlebt. Also wenn Sie heute einen Jugendlichen zurückversetzen in Ihre Kindheit und in meine Kindheit, der würde sich nicht mehr zurechtfinden, weil das ist so anders geworden. Und wenn Sie aber im 17. und 18. Jahrhundert das gemacht haben, wäre das ohne Probleme gewesen. Die Welt hat sich nicht so verändert.

Markus Tomaschitz:
Also wir haben eine derart rasante Veränderung. Wir haben eine Veränderung durchgemacht, hervorgerufen Digitalisierung und andere Themen mehr. Natürlich auch Computer und so weiter. Enorm. Aber Sie brauchen diese Erfahrung aus der Historie heraus, um Gesamtzusammenhänge in den Kontext zu bringen. Also wenn ich das kurz abschließen darf, der erfahrene ältere Mitarbeiter zeichnet sich durch seine Kontextfähigkeit insbesondere aus.

Richard:
Wir haben, glaube ich, ja hier eine notwendige Lernsituation, aber vice versa. Nämlich, dass der Alte von den Jungen lernen kann und der Junge von den Alten lernen kann. Was es so heißt, dass jede Art von Team-Geschichte hier das Erfolgsmodell sein wird. Absolut.

Markus Tomaschitz:
Was

Richard:
Tut Ihre Firma, um Mitarbeiter über 50 zu unterstützen?

Markus Tomaschitz:
Also erstens einmal ist die AVL eine Expertenorganisation. Was wollen Experten? Experten wollen eine Herausforderung. Sie wollen sich an ein Problem reiben. Sie wollen ein Problem lösen. Und der Ingenieur, die Ingenieurin bleibt ja so lange sozusagen dran, bis sie sagt, jetzt habe ich es. Also. In Wahrheit versuchen wir bei der AVL Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die Mitarbeiter möglichst frei, möglichst ohne sonstige Probleme wie Bürokratie und Prozesse und Kompliziertheit an den Lösungen

Richard:
Arbeiten. Aber Sie haben ja nicht nur Engineering. Sie haben ja nicht nur Fachleute. Sie haben ja sicher 10, 15 Prozent Verwaltung.

Markus Tomaschitz:
Ja, ja, genau.

Richard:
Also sind das bitte 1.000 Leute oder 1.500 Leute, die in der Verwaltung sind, die also einen etwas anderen Anspruch haben.

Markus Tomaschitz:
Richtig. Dort tun wir uns aber leichter im Substituieren. Nein? Also dort können Sie eher noch Mitarbeiter ersetzen, wenn Sie das wollen, beziehungsweise wo durch Digitalisierungsprozesse auch einiges geht, Stichwort Lohnverrechnung, Buchhaltung etc.

Richard:
Da kommt jetzt dann die künstliche Intelligenz über Sie und über uns. Absolut.

Markus Tomaschitz:
Im Ingenieursbereich, wo Sie den kreativen Lösungsprozess haben, wird KI noch lange, lange nicht zum Einsatz kommen, selbst wenn Sie Jet-GPT, also auch das funktioniert nicht, weil Sie müssen ja sozusagen über die Neugierde, über das andere, über das Zusammenfügen und Zusammensetzen von Wissensmöglichkeiten, Mustern, entsteht aus neuem Kontext heraus eine Lösung.

Richard:
Ja, aber sie entsteht auch auf Basis des alten Wissens. Daher glaube ich, dass die künstliche Intelligenz sehr wohl einmal Basiswissen herbeischaffen wird, wo ich mich nicht so sehr darum plagen muss, das zu bekommen, sondern das als Basis für meine weitere Forschung dient.

Markus Tomaschitz:
Sie haben recht. Aus Routine, alles was Routine ist, dort was um Basiswissen geht, was um Basisinformation geht, die stelle ich bereit. Aber das Zusammenfügen, das Mustererkennen. Das

Richard:
Ist die Erfahrung.

Markus Tomaschitz:
Das ist die Erfahrung. Und das ist etwas, was sozusagen über den Menschen im Unternehmen unbedingt wichtig ist. Was tun wir noch? Enorme Entwicklungen, also enorme Investitionen in Aus- und Weiterbildung. Selbst im

Richard:
Höheren Alter.

Markus Tomaschitz:
Wir haben im Schnitt zehn Tage im Jahr für jeden Mitarbeiter. Das sind zwei Wochen nur Aus- und Weiterbildung im Schnitt. Und das ist doch eine ganze Menge. Und das wird auch von den Leuten eingefordert. Und die machen das auch. Man darf es vergessen, diese Freude und Lust, sich auf etwas einzulassen, geht auch mit dem Versprechen her, wir als Unternehmen schaffen die Voraussetzungen dafür, das neue Wissen auch hineinzubringen ins Unternehmen und das wieder zu verknüpfen.

Richard:
Und die Lust daran geht nicht verloren. Das ist ja der springende Punkt, glaube ich. Nehmen Sie Bewerber und Bewerberinnen in dem Alter auf?

Markus Tomaschitz:
Ja, absolut. Wir haben jetzt sogar über 60. Also es hat sich dermaßen verschoben. Warum? Weil ganz einfach die Bewerberlage oder der Arbeitsmarkt an sich sich so verrutscht hat, dass es im Prinzip, früher habe ich gesagt, sobald der Fünfer vorne steht, war es das. Dann wird es deutlich ruhiger am Bewerbermarkt, da kommen keine Headhunter, keine Berater, das ist vorbei. Also ich kann jetzt nur von mir selber sprechen, für viele meiner Kollegen, so viele Bewerbungsanfragen, und ob ich mich interessiere für einen anderen Job, wie ich jetzt in den letzten 24 Monaten hatte, hatte ich in meinen 40ern nicht.

Richard:
Dann gehen wir gleich zu den Betroffenen. Versuchen uns in die Sicht der Betroffenen hineinzuversetzen und sagen, was ist denen besonders wichtig? Was sind deren wichtige Faktoren für ein zufriedenes und effizientes Mitarbeiten?

Markus Tomaschitz:
Also, wir haben am Anfang über das Thema Vertrauen gesprochen, das würde ich als die nach wie vor grundlegende Währung im Unternehmen ansehen, wie Sie vollkommen richtig sagen, Freiräume. Diese Mitarbeiter wollen nicht mehr angeblödelt werden. Die haben im Prinzip alles gesehen, viel gesehen, die brauchen eine Führungskraft, die sozusagen Verständnis auf der einen Seite sorgt, Unterstützung nach innen gibt, Freiräume schafft und wo man im Wesentlichen das tun kann, wofür man da ist. Also was die Leute nicht mehr wollen, ist dieses endlose Angeblödeltwerden über, jetzt sage ich mal, die Nutzung des Handlaufs, dass beim Stiegensteigen über solche Themen sollte man nicht diskutieren. Also die wissen schon, dass man fünf auch mal gerade lassen sein muss.

Richard:
Eine gewisse Gelassenheit?

Markus Tomaschitz:
Ja, und auch die Dinge richtig einordnen, verstehen können, das würde ich schon als ganz wesentlichen, als zentralen Vorteil sehen.

Richard:
Tut Ihre Firma aus der Sicht der Beschäftigten genug, um Sie im etwas höheren Alter zu unterstützen?

Markus Tomaschitz:
Das hoffe ich, dass wir das tun. Jetzt

Richard:
Abgefahren? Ob man,

Markus Tomaschitz:
Ja, ja, natürlich.

Richard:
Also speziell, 50 plus, was sind deine Bedürfnisse?

Markus Tomaschitz:
Ja, das tun wir, wir haben eine eigene Evaluierung dafür. Also wir wollen schon wissen, lieber Mitarbeiter, was erwartest du dir von deiner AVL, wo können wir dir helfen, was können wir tun? Darum wissen wir auch relativ genau, dass dieser Wunsch nach Freiraum, nach Unterstützung, nach einer sozusagen werteorientierten Führung ganz zentral ist. Das ist

Richard:
Wichtig. Und setzen Sie das um, was Sie hier an Anregungen bekommen?

Markus Tomaschitz:
Naja, wenn wir es nicht tun würden, würden uns die Mitarbeiter verlassen. Das ist eben der lauter Punkt. Die Leute wissen sehr wohl, dass sie Alternativen haben. Die Leute werden auch mit Alternativen konfrontiert und die gehen dann einfach mit den Füßen. Unser größtes Problem, unsere größte Herausforderung sind mit Sicherheit die Führungskräfte. Warum? Du kannst heute als Unternehmen alles richtig machen, vom Eigentümer angefangen, Management, Ding. Aber wenn auf irgendeiner Ebene eine Führungskraft halt so gar nicht versteht, wie sie mit der Mitarbeiter umgeht, der 50 plus, 60 plus und so weiter ist, dann ist das schwierig. Und das muss ich aber heute können. Ich muss heute verschiedene Generationen. Verstehen Sie, ich komme aus einer Firma, AVL, wo der älteste Mitarbeiter 82 ist und der jüngste 16. Wie

Richard:
Wir vorher gesprochen haben, wir haben fünf Generationen im Prinzip, die hier an einem Strick in dieselbe Richtung ziehen müssen. Und die haben

Markus Tomaschitz:
Ganz unterschiedliche Erwartungshaltung.

Richard:
Gehen wir gleich zu den noch älteren, also 60, 65. Sie haben es ja selber angesprochen. Wie wichtig sind in Ihrer Firma diese noch älteren Menschen?

Markus Tomaschitz:
Enorm wichtig. Wir haben mittlerweile eine Vielzahl an Mitarbeitern. Die zwar in Pension gehen könnten, aber sagen, ich möchte bitte weitermachen. Und

Richard:
Sie haben, glaube ich, einen Pool von Leuten, die in Pension sind, die projektbezogen wieder mitarbeiten.

Markus Tomaschitz:
Genau so ist es. Und die haben auch Freude daran. Natürlich arbeiten die jetzt nicht mehr 40, 50, 60 Stunden in der Woche. Das ist ja gar nicht notwendig. Ihr Wissen, Ihre Erfahrung, das, was Sie einbringen, ist so wertvoll, dass Sie das in 10, 20 Stunden in der Woche einbringen. Ich glaube auch, dass diese Wertschätzung enorm wichtig ist. Wir haben lange Zeit, glaube ich, auch in unserer Gesellschaft insgesamt. Viel zu wenig Wertschätzung dem Alltag gegenüber gegengebracht. Aber die Qualität einer Gesellschaft zeigt sich daran, wie sie mit der älteren Bevölkerung umgeht. Und das müssen wir im Unternehmen aber auch verstehen. Jetzt habe ich gesagt, ich habe einen großen Vorteil. Mein Eigentümer, Professor List, ist 82. Der versteht das. Und der weiß auch, das zu nutzen.

Richard:
Damit sind Sie die Ausnahme natürlich.

Markus Tomaschitz:
Und der ist Vorbild. Und dadurch sind auch viele, sozusagen, das ist ein Rollmodel. Und da schauen die auf. Und da sagen die auch nicht. Und der Professor sagt, naja, Moment, haben wir ja 65-Jährige. Ich bin ja ein junger Hund. Meine Kinder

Richard:
Sind bald so alt.

Markus Tomaschitz:
Na bitte, das soll noch weitermachen. Da ist ja lange zu weit. Also das ist schon toll.

Richard:
Und was können diese so viele älteren Menschen ganz speziell beitragen?

Markus Tomaschitz:
Ich glaube, dass ein enormer Vorteil diese Kontextfähigkeit ist. Die Dinge richtig zusammenführen. Das heißt, das

Richard:
Einordnen.

Markus Tomaschitz:
Richtig. Aus der Vergangenheit heraus verstehen, da hatten wir mal einen ähnlichen Fall. Das haben wir damals so gelöst. Lass uns das diesmal wieder probieren. Und in der Verbindung mit der neuen Technologie, mit den Kenntnissen und Fertigkeiten, dann können andere Generationen daraus wieder Problemlösungen entstehen, die unseren Kunden helfen.

Richard:
Glauben Sie, dass diese Menschen wiederum ganz spezielle Bedürfnisse haben, wenn sie in der Pension sind? Fragen Sie die ab? Nein.

Markus Tomaschitz:
Nein,

Richard:
Okay. Was halten Sie von der Idee, Mitarbeiterinnen, die ausgeschieden sind, nach sechs Monaten, neun Monaten oder nach einem Jahr spätestens, neulich ein Angebot zu machen? Magst du nicht vielleicht doch wieder weiterarbeiten?

Markus Tomaschitz:
Also es ist bei uns so, dass… Wir haben viele Mitarbeiter, die sagen uns von vornherein, so jetzt gehe ich wieder zurück nach Deutschland, nach Schweden und das und das. Okay,

Richard:
Dislozierung zählt natürlich nicht.

Markus Tomaschitz:
Die sind mal weg. Die, die tatsächlich da sind, dort bleiben wir eigentlich von Anfang an im Kontakt, weil wir den meisten Leuten sagen, also in Österreich ist es ja so, Mitarbeiter muss aktiv kündigen, sozusagen Pension ansuchen, sie wissen das. Und wir reden dann mit den Leuten von Anfang an weg. Also was wir nicht tun, ist, dass wir sagen, in drei, sechs, neun Monaten, übrigens, da kommt noch mal, sondern wir versuchen… Wir versuchen von vornherein, der Mitarbeiter zu sagen, ich weiß, du könntest gehen und du könntest jetzt in Pension gehen und sich verabschieden, aber wir würden dir gerne ein Angebot machen. Schau dir das an, das und das, 10 Stunden, 15 Stunden, 20 Stunden, würdest du das gerne machen? Und dann kommen die Meister und sagen, ja, aber jetzt möchte ich mal mit meiner Frau…

Richard:
Muss ich alles tun, was aufgestaut ist.

Markus Tomaschitz:
Drei Monate im Campingbus durch Nordafrika, dann werden wir das natürlich unterstützen, aber wenn er zurückkommt… Also wir versuchen eher gar nicht diesen Abstand zu halten, sondern von vornherein zu sagen, bleib mit umgekehrt. Also das,

Richard:
Was ich gelernt habe in den vielen Gesprächen inzwischen, ist, dass sehr viele, die sich zuerst das Paradies Pension vorgestellt haben, nach sechs oder neun Monaten es nicht mehr gleich sehen. Und selbst wenn sie vorher gedacht haben, ich will eigentlich nichts mehr anderes als jetzt in Pension sein, dass sie dann sich riesig freuen würden, ein Angebot zu bekommen, auch überraschendes, und eine sehr hohe Anzahl nachher sagt, super, auf das habe ich gewartet.

Markus Tomaschitz:
Man darf eines nicht vergessen. Viele unserer Mitarbeiter, die hatten bis zum Schluss 50, 60 Stundenwochen. Da bleibt keine Zeit für ein Hobby. Weil am Wochenende war Ausruhen, war Familie und so weiter. Und dann stellt man sich das so vor, jetzt kümmere ich mich um Hobbys und hin und her, aber dieses Abschalten, das Runterkommen, das ist ja nicht so ohne weiteres möglich, und dann bleibst du ja noch drinnen. Und das haben wir schon auch. Also es kommen einige, Herr Kaan, die sagen nach so einem halben Jahr, also bei der AVL, wenn es noch etwas gibt, wäre es schon.

Richard:
Ist es nicht wichtig, dass Sie als Arbeitgeber das institutionalisieren und sagen, pass auf, jeder, der noch sechs Monate weg ist, kriegt ein Briefviertel und sagt, magst du nicht, reden wir mal drüber.

Markus Tomaschitz:
Du musst ja mit den Leuten wieder reden, du musst wieder reinkommen. Außerdem ist es bei uns schon auch so, dass es nach wie vor auch bei unseren Kunden oft so ist, na ja, aber du müsstest jetzt mit einem Jungen kommen. Also ich sage einmal so, verstehen Sie,

Richard:
Ich… Nicht dieselbe Arbeit. Es geht ja darum, dass wir das Wissen, die Erfahrung und die Loyalität dieser Menschen, Menschen möglicherweise in einem ganz anderen Feld, aber dem Arbeitgeber erhält.

Markus Tomaschitz:
Ja, ich habe es ja. Also ich habe Gott sei Dank diesen Schmerz nicht. Wann

Richard:
Machen Sie mit den Leuten, wann reden Sie? Erst mit dem Moment der Pension oder schon früher? So reden Sie schon mit 55 Medien und sagen, wir hätten dich gerne über 65 hinaus? Bei uns

Markus Tomaschitz:
Ist es so, dass wir etwa ein halbes Jahr vor dem gesetzlichen Pensionsantritt

Richard:
Mit den Mitarbeitern

Markus Tomaschitz:
Beginnen, zu sagen, genau, Outplacement und dann Gespräche führen und sagen, wie geht es weiter, wir würden gerne ein Angebot machen. Wir haben an sich eine ausreichende, hohe Anzahl derzeit. Natürlich kann es sein, wenn die Entwicklung weitergeht und wir die demografischen Systeme so sehen, dass wir vielleicht noch mehr brauchen. Momentan decken wir eigentlich den Bedarf an Mitarbeitern noch ab.

Richard:
Aber Sie sind ja eine Ausnahme. Ja,

Markus Tomaschitz:
Genau, genau, genau. Darum darf ich wahrscheinlich auch durch Ihnen sitzen.

Richard:
Nein, nein. Das ist die Ausnahme. Weil ich brauche Input von vielen, vielen Seiten. Toll von Ihnen, das zu bekommen. Danke sehr. Was schätzen Sie, was die Leute, wenn Sie in der Regel Pension dazuverdienen, an Abgaben zahlen müssen?

Markus Tomaschitz:
Naja,

Richard:
Das wird

Markus Tomaschitz:
Ja hoffentlich sich auch wieder mal ändern. Da gab es ja den Punkt, was darf ich dazuverdienen in der Pension und halt ja für gescheit. Also aus meiner Sicht müsste es da schon so etwas geben, dass man sagt, so, da hat man jetzt mal eine Pension, aber nicht dann wieder zurück in die Regelsteuersysteme, selbst wenn die jetzt valorisiert wird und die kalte Progression abgeschafft wird. Aber da müsste es zumindest so sein, dass man im jeweiligen Steuersatz 50 Prozent runterlegt.

Richard:
Ja, also wir haben halt, das sind ja der erhebliche Abgaben und die sind natürlich auch ein Handicap. Erheblich,

Markus Tomaschitz:
Natürlich.

Richard:
So, wechseln wir nochmal in die Position und versuchen die Rolle des oder der Pensionisten zu sehen. Glauben Sie, dass die in der Pension überhaupt erneut arbeiten wollen?

Markus Tomaschitz:
Also sicher nicht jeder, aber ich würde mal meinen, Personen, die sich besonders im kognitiven Bereich oder im Großteil ihres beruflichen Lebens mit kognitiver Problemlösung beschäftigt haben, die ja, wir sehen es ja auch bei Uniprofessoren, die gerne weitermachen, bei vielen Ärzten, jetzt hat es ja geheißen, bis 70 sollen die arbeiten, viele Ärzte, das kommt dann bei denen noch einmal dazu, die größten Erfahrungen schaut es am Ende an, wo die genau sehen, ah, der Patient, das hatte ich schon hundertmal etc, wo der Junge ja Jahre braucht, bis er hinkommt. Also dort sehen wir das schon. Also ich würde meinen, im kognitiven Problemlösungsbereich sind das mit Sicherheit über 50 Prozent. Wenn ich jetzt den klassischen Blutkalle-Bereich sehe, das glaube ich, dass der vielleicht unter 10 Prozent liegt, aber das muss man auch von der jeweiligen Aufgabentätigkeit sehen, würde ich meinen.

Richard:
Ich glaube, Sie liegen gerade, gut, es gibt eine Untersuchung von Seniors for Success, eine wissenschaftliche Untersuchung, ich weiß nicht, wie groß die Zielgruppe war, die Sie befragt haben, aber ungefähr 35 Prozent im Schnitt. Und seien es nur 25 Prozent, ist das schon eine ganze Menge. Die wollen allerdings, nach zwei Jahren ist es vorbei. Also das sind gerade diese zwei Jahre, wo man vielleicht die Menschen noch animieren kann, und dann ist es vorbei, dann wollen sie nicht mehr, dann sind sie in dem neuen Leben, und auch es sind so viele Strings einfach nicht mehr da, das funktioniert nachher nicht mehr. So, was meinen Sie, wenn wir also sagen, 65 Prozent wollen nicht, was wären Hindernisse, warum Sie nicht wollen?

Markus Tomaschitz:
Ich glaube, dass ein Punkt mit Sicherheit der ist, dass man aus der Mühle raus ist, dass viele Leute doch das Reisen, die Termine, die Prozesse, vielleicht auch das Arbeitsumfeld, am Ende ihrer beruflichen Laufbahn, als Maloche, als Anstrengung, als Belastung empfunden haben. Also

Richard:
Arbeit ist Mühsal.

Markus Tomaschitz:
Ja, der Termin, Druck auch und vieles andere mehr. Es nimmt doch jeder von uns Arbeit unterschiedlich wahr. Und die einen sind aufgestanden am Montag mit Freude und Suppe und endlich, und andere, für die war das einfach belastend, weil sie vielleicht auch mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben, etc, etc. Oder vielleicht aber auch in Umfeld hatten, das unter Anführungszeichen an Wertschätzung hat vermissen lassen. Ich glaube, überall dort, wo Mitarbeiter Wertschätzung entgegengebracht wird, auch insbesondere im hohen Alter, wird Arbeit ganz anders und viel positiver wahrgenommen. Und dort möchte ich auch weitermachen. Dort, wo du sozusagen wie der letzte Dreck behandelt wirst, wo du abschätzig, wo du keine Wertschätzung kriegst, wo du nie, wo nichts gesagt ist, genug gelobt, dort sind die Leute dann froh, dass sie aus dem Ding draußen sind.

Richard:
Würde ich noch eines nicht vergessen, Sie sind ja in Ihrer Belegschaft Männerlastig. Und Männer definieren sich zu einem erheblichen Ausmaß in ihrem sozialen Verhältnis und zu ihrer Arbeit. Natürlich. Ganz anders als Frauen. Die einen anderen sozialen Umgang haben. Und der würde sonst wegfallen natürlich auch.

Markus Tomaschitz:
Das ist wie das Rad beim Pfau. Für uns ist das der Erfolg im Job, der Beruf, die Bestätigung, zu schaffen oder geschafft zu haben. Wobei interessant ist, dort, wo Leute keine Wertschätzung bekommen, gehen sie mal anders hin. Die gehen vielleicht in ein Museum, machen dort vielleicht den Werter oder den Tourengeher, machen nochmal etwas, starten durch, aber man bleibt tätig, man bleibt aktiv.

Richard:
Das kenne ich, das Thema. Themensprung? New Work. New Work. Heute der Arbeitsmarkt ist ja komplett im Umbruch. Change ist überall.Also Homeoffice, Digitalisierung, Co-Works, Spaces, Gleitzeit, Sabbaticals, was auch alles. Vier-Tage-Woche. Was halten Sie von der Vier-Tage-Woche?

Markus Tomaschitz:
Nicht so viel wie viele andere. Ich sage Ihnen, warum die Arbeit bleibt ja trotzdem da. Und entweder nehme ich das alles und dividiere es durch vier Tage. Dann sind wir bei

Richard:
Den zehn Stunden, was natürlich nicht unbedingt eine Effizienzsteigerung bedeutet.

Markus Tomaschitz:
So ist es. Und es gibt auch keine Substitute. Also zu glauben, dann kommen so, so viel mehr Menschen in den Arbeitsprozessen ein. Wir haben stabile jetzt etwa 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung ist im Prozess, sogar weniger.

Richard:
Wir haben noch nie so viele Beschäftigte gehabt wie heute. Ich

Markus Tomaschitz:
Glaube, knapp über vier Millionen. Aber vier Millionen von 8,9 Millionen. Ich meine, ja, jetzt können wir Pensionisten und Pensionistinnen, Kinder wegrechnen. Bleibt aber eine gerüttelte Masse an Leuten, die im Arbeitsprozess nicht teilnehmen.

Richard:
Hauptsächlich Frauen? Viele.

Markus Tomaschitz:
Oder dann in Teilzeit. Und das macht es insgesamt. Also daher, glaube ich, bin ich kein Verfechter der Viertagewoche.

Richard:
Was halten Sie als Personalchef von der immer lauter werdenden Forderung nach Arbeitskultur auf Augenhöhe, Empathie, Wohlbefinden, Respekt? Teilweise Dinge, die als Waffe fast verwendet werden.

Markus Tomaschitz:
Ich bin ein großer Vertreter davon, wechselseitig zu vertrauen und leben und leben zu lassen. Also ein Unternehmen ist per se keine basisdemokratische Einrichtung. Denn in jedem Unternehmen entstehen Zielkonflikte durch Ressourcenknappheit. Am Ende muss jemand entscheiden. Man kann mit Entscheidungen leichter, aber schwerer leben. Aber wenn ich die Entscheidung begründe, ihr einen Sinn gebe, auch zu sagen, warum ich so entscheide, können Mitarbeiter damit leben. Ich bin ein großer Fan davon, eine Arbeitskultur zu haben, die von wechselseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist. Ich bin kein großer Freund davon, in allem und jedem unter Anführungszeichen einen basisdemokratischen Entscheidungsprozess herbeizuführen.

Richard:
Trifft diese neue Forderung nach Respekt und auf Augenhöhe ältere Mitarbeiter in irgendeiner speziellen Weise?

Markus Tomaschitz:
Ja, ich glaube schon. Weil ich glaube, dass gerade Ältere diesen Respekt viel mehr einfordern, weil sie sagen, hey, wir haben da wahnsinnig viel aufgebaut, wir haben viel zusammengebracht, ich lasse mich so nicht behandeln, aus gutem Grund. Jetzt ist hinzustellen, die alten weißen Männer, die alles falsch gemacht haben und den Planeten ruiniert haben, halte ich nicht nur für falsch, halte ich das für kontraproduktiv, ich halte es für schlichtweg dumm.

Richard:
Wie gehen Sie damit um? Wenn heute Bewerber kommen und sagen, liebe AVRL, ihr kommt in die nähere Auswahl, die ich treffe, ich will 5.000 Euro netto haben, arbeite vier Tage die Woche, hätte gern ein elektrisches Dienstauto und wenn mein Kind schreit, gehe ich. Im Verhältnis zu den älteren Mitarbeitern, der sagt noch 25, 30 Dienstjahren, habe ich 4.500 Euro netto und mache fünf Tage die Woche. Wie gehen Sie damit um?

Markus Tomaschitz:
Willkommen in der Realität, genau das ist es. Ich würde ja gar nicht so sehr sagen, dass das Generationen sind. Also wir beide hätten ja auch gerne mal gerne mehr Work-Life-Balance gehabt, aber uns und der Anspruch an uns selbst war ein anderer.

Richard:
Und nicht einmal negativ konnotiert, umgekehrt, der Erfolg hat uns ja dann gerechtfertigt, was wir gemacht haben. Wir haben

Markus Tomaschitz:
Es ja auch gerne gemacht, wir haben Dinge um ihrer Selbstwillen gut getan, weil jemand so angeschafft hat, mach es gut, weil der Anspruch war, weil wir auch so erzogen wurden, wenn du etwas machst, mach es ordentlich oder mach es gar nicht. Und ich glaube, dass es auch ein bisschen aufgeht, Verantwortung für sich, für das Leben, für die Firma auch zu sehen. Und was wir schon heute erleben, ist eine stärkere Individualisierung, die davon ausgeht, mir muss es gut gehen. Und entweder, liebe Raphael, du bist dabei oder nicht, aber diese Balance, die oft von der anderen Seite eingefordert wird, die gibt es nur immer in eine Richtung. Du als Unternehmer hast mir entgegenzukommen, weil ich weiß eh, wenn ich dann nicht mehr da bin, dann…

Richard:
Wie gehen Sie damit um? Ja,

Markus Tomaschitz:
Schwer, aber trotzdem sind wir nicht von vornherein zu sagen, nein, du hast bei uns nichts verloren, der Druck auf uns, Mitarbeiter zu suchen, mir trotzdem großes… Es

Richard:
Wird nicht weggehen. Nein,

Markus Tomaschitz:
Und damit entstehen auch Ungleichheiten. Und damit kommen im Unternehmen eine Imbalance.

Richard:
Ja, Neiddiskussion

Markus Tomaschitz:
Etc. Ja, absolut. Und Neid ist nach der Sonne der größte Energieträger.

Richard:
Fast eine Abschlussfrage, sehr theoretisch. Sie haben zwei Bewerber, Bewerberinnen. Sagen wir, Sie sind so gut wie gleich qualifiziert. Ja. Der oder die eine ist 35. Ja. Der ist 55. Wen nehmen Sie? Die

Markus Tomaschitz:
35-Jährige.

Richard:
Weil?

Markus Tomaschitz:
Weil natürlich eine Firma wie AVL, weil wir immer langfristig denken. Es kann natürlich sein, die kann uns mit 37 verlassen, weiß man nie. Aber ich würde dann doch eher sozusagen langfristig sehen. Außer es geziemt die Situation, jetzt jemanden zu nehmen mit mehr Erfahrung, weil in dem Team schon so viele Junge drinnen sind. Also

Richard:
Im Englischen könnte man sagen, it depends.

Markus Tomaschitz:
Ja, genau. Darum wünschen sich die meisten den einheimischen Ökonomen. On the one hand, on the other hand.

Richard:
Wir sind am Ende dieser wunderbaren Diskussion. Danke. Was habe ich vergessen? Was würde oder wäre für diese Arbeitsmarkt 50 plus oder Arbeitssituation 50 plus noch wirklich wichtig? Die

Markus Tomaschitz:
Möglichkeit, zu Hause eine Infrastruktur zu schaffen, die es Leuten ermöglicht, ordentlich von zu Hause zu arbeiten. Wir leben dann doch, dass vielfach noch so VPN-Anschlüsse, andere Thematiken und dass ich als Unternehmer gar nicht so viel Geld in die Hand nehmen muss. Da habe ich das auch zu Hause. Davon profitiere ich. Auch Unternehmer, die profitieren davon. Also das ist vielleicht immer noch ein Thema, wo wir sagen, ein bisschen mehr Großzügigkeit der Unternehmen, auch in Infrastruktur zu investieren, würde uns gut tun.

Richard:
Danke fürs Reinhören in meinem Podcast. Mehr Informationen gibt es auf meiner Webpage richardkaan.com. Bis zum nächsten Mal.

Similar Posts